Bericht Friedrich Heinrichs 05.02.1907

Bericht Friedrich Heinrichs an Inspektor Spiecker vom 05.02.1907

Bethanien, 5. II. 07
Lieber Herr Inspektor!
Ihren Brief 9.1.07 von Saron aus empfing ich heute Morgen früh. Empfangen Sie herzlich Dank dafür. Hoffentlich werden diese Zeilen noch vor Ihrer Abreise in Ihren Besitz gelangen. Der Herr segne Ihre Arbeit in der Cape-Colony reichlich und wolle Ihnen eine gesunde, stärkende Heimreise schenken, damit die Freude daheim, besonders in Ihrer lieben Familie gross sei beim Wiedersehen.
Es freut uns sehr, dass es Ihnen hier gut gefallen hat und wir bedauern es mit Ihnen, dass Ihr Aufenthalt hier nur so kurz sein durfte. Wir freuen uns auch sehr, dass Ihre Predigt, wie der an Sie gerichtete Brief bezeugt, der Segen gebracht hat. Solbrig, der Schreiber des Briefes, war in jener Zeit hieher versetzt worden und ist nachdem Bursche von Herrn Oberarzt Schachtmeyer, den Sie ja damals kennen lernten, geworden. Seitdem kennen wir ihn auch und fühlt sich ziemlich glücklich. Er wusste wohl damals noch nicht, dass ich in den Krankenzelten christl. erweckliche Schriften verteile und auch den Soldaten gebe, die mich besuchen. Zu diesem Zweck lasse ich mir schon längere Zeit allerlei Schriften kommen, wie z. B.: „Zeugnisse eines alten Soldaten an seine Kameraden“ von Generalleutn. v. Viebahn; ferner das Blatt „Für Alle“ Wehr und Waffe und andere Traktate, die ich verteile, besonders in den Krankenzelten. Auch einige hübsche Bücher empfing ich für diesen Zweck von Frau Geheimr. Stiehl in Coblenz.
Vielleicht werden Sie in meinem letzten Jahresbericht, in Januar 07 durch Br. Fenchel abgesandt, gelesen haben, dass Kapitän Paul Fredriks am 21 Dez. 06 selig heimgegangen ist. Schon gleich nach Ihrem Fortgehen, etwa am 2. Tage, ging Herr Oberarzt mit mir zu der Werft und nach am selbigen Tage liess sich Kapitän Paul Fredriks auf einem Tragebett aus der Krankensammelstelle zum Hause des Herrn Oberarzt hintragen und blieb mehrere Tage dort in einem eingeb. Zelt. Leider wurde es aber stets schlimmer mit ihm. Herr Oberarzt sagte: „der hat die Schwindsucht. Gut essen muss der Mann, dann kann er sich noch eine Zeit lang hinhalten. Aber ich kann ihm keine Kost geben.“ Wir gaben ihm täglich 1 M Mehl, je und dann etwas Thee und Rotwein. Auch von Andern bekam er etwas. Mr. Bassingthwaighte sagte: „die engl. Regierung sorgt für seine Gefangene und durch den Krieg beschädigte Eingeb., weshalb lässt die deutsche Regierung diese Leute hungern!“ Als Herr Hauptmann Wasserfall hier wieder zurückgekehrt war und hörte von der Not unter den Eingeborenen hier, drang er sehr darauf, dass dieselben von der Regierung unterstützt würden, denn man könne sie doch nicht verhungern lassen und bat auch die Ansiedler die Not unter den Namas hier zu lindern. Von der Regierung ist noch keine günstige Antwort eingetroffen, aber alles, was gesund ist, wird hinaus geschickt um Gras für die Station und Ansiedler zu holen und empfangen dafür Mehl und Reis.
Vor 14 Tagen hatten wir eine solche Heuschreckenplage, wie ich sie noch nicht hier kennen gelernt hatte. Alle Gärten sind abgeweidet nur Obst ist uns geblieben. Es scheint der ganze Süden hat darunter gelitten. Die letzten Tage lassen uns aber wieder hoffnungsvoller in die Zukunft sehen, weil es fast jeden Tag regnete.
Meine l. Frau ist sehr nervös herunter, zu dem greifen die letzten sehr traurigen Nachrichten von ihren Eltern, besonders von ihrem Papa sie sehr an. Es wird doch wohl das Beste sein sobald als möglich die geplante Urlaubsreise anzutreten.
Von meiner Frau und Kindern (Letztere fragen noch oft nach den Onkel Spiecker und Fenchel) die herzlichsten Grüsse, wie auch von
Ihrem dankbaren Schüler
F. Heinrichs.