Missionar Tobias Fenchel

Die Missionsstation wird 1866 von Missionar Schröder gegründet, Ihren Namen erhält sie zur Erinnerung an den ersten Präsidenten der Gesellschaft, den Philantropen Keetman. Fenchel übernimmt 1877 das Amt und wird später Präses des gesamten Bezirks der Missionsstationen

1889 beträgt die Zahl der Gemeindemitglieder in Keetmanshoop 485, während sie in der Amtszeit des Missionars Bam Bethanien 887 unfasst:

Die Kirche der Rheinischen Mission, die Tobias Fenchel mit seiner Gemeinde aus Naturstein in Keetmanshoop erbaute, ist heute ein Nationales Denkmal in Namibia und wird nun als Museum genutzt.

In den Jahren 1884 bis 1887 unternimmt Hans Schinz eine Forschungsreise in Deutsch-Südwest-Afrika. Im Verlauf dieser Reise kommt er auch nach Keetmanshoop. Die Familie Fenchel nimmt ihn überaus gastfreundlich auf. Dementsprechend ist sein Bericht begeistert und sehr anschaulich. Bei seinem Besuch begleitet ihn ein Herr Walser, den er zufällig getroffen hat:

„Walser hatte sich wenige Tage vorher von dem Missionar in Keetmanshoop, Herrn Fenchel, mit der Tochter eines bekannten Pioniers und Händlers Südafrikas, des Mr. Hite, trauen lassen und beabsichtigte nun, sich mit seinem liebenswürdigen Ehegespons nach dem Süden zurückzubegeben. In Gesellschaft meines neuen Freundes besuchte ich die Missionarsfamilie und wurde dort mit der herzlichsten Gastfreundschaft empfangen. Die jungen Eheleute nahmen Abschied, und ich bezog nun die von ihnen verlassene Kammer, während meine Leute in einem Nebengebäude wohnlich untergebracht wurden.

Ich werde bei einer späteren Gelegenheit ausführlicher auf die für die Entwicklung Gross-Namalandes so überaus wichtige Nama-Mission zu sprechen kommen, hier sei nur erwähnt, dass Keetmanshoop (von den Hottentotten Swartmodder oder Schwarzmorast, genannt) seit dem Jahre 1866 Station der rheinischen Missionsgesellschaft ist. Von Missionar Schröder gegründet, erhielt der Platz seinen Namen zum Gedächtnis des ersten Präsidenten der Gesellschaft, des Philantropen Keetman. Trotz der entschiedenen Abneigung, die der Häuptling Zeib zu Anfang gegen den jungen Missionar und dessen Unternehmen zur Schau trug, konnte doch schon zwei Jahre nach der Gründung die alte Buschkirche verlassen und die neue kleine, aber nette Kapelle eingeweiht werden; der Zorn und der Aberwille des alten Zeib verwandelten sich zusehends in Liebe und heute, nach 20 Jahren, muss Keetmanshoop als eine der bestbefestigten Gemeinden Gross-Namalandes angesehen werden. Da wo noch vor zwei Dezennien die schmutzigen Pontocks der herumstreifenden Hottentotten gestanden hatten, erhebt sich heute das einfache aber weitläufige Missionsgehöft: eingerahmt von einer kleinen Mauer das saubere einstöckige Haus, an dem jeder Stein und jeder Balken von der praktischen Tätigkeit des Missionars zeugt, und hinter dem Hause der Garten mit Gemüse – und Blumenbeeten, zwei mächtigen, prächtig gedeihenden Feigenbäumen und einer langen „Weinlaube. Unweit vom Hause und umstanden von einer Reihe dickstämmiger Giraffenakazien erhebt sich die steinerne Kirche, überragt von einem kleinen Turm. Dort wo früher der Sand im Kampf mit den Elementen hoch in die Luft emporgewirbelt wurde und der Orkan wild durch das Buschwerk raste, finden wir heute die Gartenanlagen der Gemeindegenossen, sorgfältig bewässert durch kleine, mit der Hauptquelle in Verbindung stehende Graben, die mittelst einfacher Schleusen nach Belieben geöffnet und geschlossen werden können. Anstelle der zur dauernden Ansiedelung ungeeigneten Mattenhäuser baut sich bereits der eine oder andere der Eingeborenen ein bescheidenes Lehmhäuschen und trägt dazu bei, dass die Station mehr und mehr die, Physiognomie eines Dörfchens erhält. Die Quelle von Keetmanshoop ist ausgiebig und gross; die Temperatur soll nach Mitteilung des Missionars zeitweilig über jener der Luft stehen, doch ist es mir nicht gelungen, eine Differenz während meiner Anwesenheit konstatieren zu können.

Die Bevölkerung des Platzes setzt sich aus den beiden Stämmen der jKarojoas und der IGamenus oder Bondelzwarts (Schwarzbündel) zusammen; als zugezogen ist auch noch die kleine Bastardkolonie zu berücksichtigen. Die jKarojoas zerfallen ihrerseits in die beiden Unterabteilungen Zeib und Habeb, die ihre Entstehung und Bezeichnung den zwei Frauen eines früheren Häuptlings verdanken. Dieselben nannten sich nämlich Zeis und Habes und da nach Hottentottensitte die Tochter einer Mutter stets nach dem Vater, die Söhne aber nach der Erzeugerin benannt werden, so wurden die Nachkommen der einen Gemahlin als Zeibsche, die der anderen als Habebsche oder Blattia (holl.) bezeichnet. Der Antagonismus, der zwischen diesen zwei nahe verwandten Familien im Laufe weniger Jahre entstanden ist, hat bereits einen solchen Grad erreicht, dass beide getrennt leben; die Zeibschen haben ihre Hütten westlich von der Kirche aufgeschlagen, die Blattia dagegen östlich davon. In etwas weiterer Entfernung, an der südlichen Abdachung einer kleinen Kuppe, wohnen die Bondelzwarts, wogegen sich die Bastards nördlich vom Missionsgebäude niedergelassen haben. Interessanterweise zeichnen sich die Blattia durch Intelligenz und Arbeitstüchtigkeit vorteilhaft vor den Zeibschen aus; die letzteren zählen übrigens nur noch wenige Individuen. Zeib oder Jonathan, wie er sich seit seinem Eintritt in die Kirchgemeinde zu nennen gefällt, ist alleiniger Herrscher über das Keetmanshooperfeld, doch besteht der ihn in seinen Regierungsangelegenheiten unterstützende Rat aus je einem Vertreter der übrigen drei Gruppen. Bei Jonathans ärmlichen Verhältnissen – er besass zur Zeit meines Besuches blos noch eine Kuh – ist es nicht überraschend, dass seine Bedeutung beinahe Null ist, wie es denn auch nicht gerade selten vorkommt, dass er von seinen eigenen Räten einer unvorsichtigen Äusserung wegen zu irgend einer Strafe verurteilt wird! Jonathans Thronbesteigung ging unter so eigenartigen Verhältnissen vor sich, dass ich dieselbe der Geschichte nicht wohl vorenthalten darf. Gegen Ende des Jahres 1883 machte sich der Vater des jetzigen Häuptlings, der alte, Heide gebliebene Zeib, auf eine Bettelreise; er bereiste seinen Staat, sich bald da bald dort bei einem seiner reicheren Untertanen zu Gaste ladend und denselben nicht eher verlassend, als bis er mit einem fetten Schaf oder einer Ziege beschenkt war. Diesmal scheinen die Einkünfte etwas langsam eingelaufen zu sein, wenigstens wurde dem zu Hause gebliebenen Sohne die Zeit zu lang; er stattete dem väterlichen Pontock einen Besuch ab und eignete sich unter anderem auch das Prachtstück des Schatzes, einen langen Überzieher, an. Bekleidet mit diesem Machtabzeichen zeigte sich der Erbe dem Volke, das an dem improvisierten Wechsel Gefallen fand, und so traf denn der alte König bei seiner Rückkehr den Sohn auf dem Thron! Nach dem Tode des Vaters – November 1881! – wurde dann Jonathan feierlich in der Kirche zum weltlichen Oberhaupte von Keetmanshoop gekrönt. Die Gesamtbevölkerung der Zoibschen Machtsphäre beträgt ungefähr 600 Seelen. Keetmanshoop, unfern des in den Löwenfluss mündenden – fast stets trockenen – Aub erbaut, liegt schon ausserhalb der Sandsteinformation; die nächstliegenden Hügel und Kuppen bestehen aus Diorit oder stark zersetztem Gabbro, die lokal von einer Kappe gelben Kalkmergels überdacht sind. Das Feld ist stellenweise dicht mit Geröllstücken von Brauneisenerzen besät; beim Reinigen der Quellen sind auch schon Feuersteinknollen gefunden worden. Die Regenschauer, die sich nun fast täglich gegen die Abendstunden einzustellen pflegten, genügten doch, so wenig anhaltend sie auch waren, um nach wenig Tagen das dürre Feld in einen bunten Teppich zu verwandeln. Wo bis anhin nichts als Sand und Steine zu entdecken war, da schiesst nun das süsse Frühgras, der „ Opslag“ hervor; Zwiebelgewächse treiben sozusagen über Nacht fusshohe Blütenschafte und wunderbar glänzt die grosse, purpurrote Blumendolde der Häemanthus und Brunsvigiaarten zwischen dem saftigen Grün der zu neuem Leben erwachten Aristidastöcke durch. Die Giraffenakazie wirft die vorjährigen Federchen ab und hüllt sich in ein neues Kleid, sich gleichzeitig über und über mit honigduftenden, gelben Blütenkugeln schmückend. Der Busch, so nennt der Afrikander diese kurzstrauchige Vegetationsformation, der gestern noch schwarz und verbrannt aussah, entwickelt sich binnen einer Woche zu einem reichen Garten, wie ihn sich der Botaniker nicht schöner wünschen konnte. Die kleineren Sträucher, denen ein weniger weitläufiges Wurzelwerk zur Verfügung steht, sind, den klimatologischen Verhältnissen angepasst, in erster Linie darauf bedacht, die Blütenentwicklung zu beschleunigen; die Mehrzahl dieser spärrigen, kugeligen Busche prangt daher im schönsten Blumenschmucke, bevor wir im Stande sind auch nur ein einziges grünes Blättchen daran zu entdecken. Erst wenn die Blüte hin -fällig geworden ist, sprengen die Blattorgane die starke Knospendecke, um nun auch ihrerseits an dem allgemeinen Entwicklungs-Wettlauf teil zu nehmen. Die Baumvegetation ist um Keetmanshoop eine peinlich kärgliche; als einzige Vertreter derselben nenne ich die stattliche Giraffenakazie, den Dornbaum, den Ebenholzbaum, zwei hochstämmige Capparidaceen und eine Tamariske. Die übrigen Akazienarten verharren ausnahmslos in der Buschform.

Am 25. Dezember feierte der Missionar mit seiner Gemeinde das Weihnachtsfest; vormittags wurde mit den Schulkindern ein kleines Examen abgehalten, dieselben im Schreiben, Lesen, Rechnen und Singen geprüft und nachmittags 4 Uhr fand dann, und zwar wiederum in dem mittlerweile von Frau Fenchel auf sinnige Art mit blühenden Oleanderzweigen geschmückten Gotteshause, die Bescherung der Kinder statt. Auf dem Altar brannte ein kleiner Christbaum, der Missionar erklärte seinen Zuhörern die Bedeutung der Feier und nach dem Absingen einiger Lieder konnte die ungeduldig wartende Schar vortreten und die Geschenke in Empfang nehmen. Die Knaben erhielten zur Mehrzahl lange weisse Hemden, die Mädchen Röcke und Jacken; natürlich wurde sofort alles an Ort und Stelle anprobiert, was Veranlassung zu gar köstlichen Scenen gab. Stolz und glücklich eilten die Bescherten nun ihren Hütten zu; im engeren Familienkreise feierten dann auch w“ir noch das Fest, entkorkten die beiden von Walser zurückgelassenen Flaschen Hamburger Export-Bier und stiessen auf Gesundheit unserer Angehörigen in der fernen Heimat an.

Siehe Seiten 37 ff.