Bericht der künftigen Ehefrau Friedrich Heinrichs, Frau Lydia Brandt, an Inspektor Schreiber vom 4. Juli 1893 über ihr Reise nach Kapstadt und ihren Aufenthalt in Stellenbosch
Frau Lydia Brandt, die Braut von Friedrich Heinrichs, muss nach ihrem Eintreffen in Kapstadt am 4. Juli 1893, in Stellenbosch eine Zwischenstation einlegen, denn ihr Schiff zur Lüderitzbucht – die Nautilus – startet erst am 15. August 1893. Hierüber berichtet sie Inspektor Schreiber.
„Stellenbosch, den 4. Juli 1893,
Lieber Herr und liebe Frau Inspektor,
Es ist zwar schon spät, aber da morgen früh von hier die Post abgeht, so möchte ich doch nicht gern noch mal die Gelegenheit ungenutzt lassen, Ihnen doch wenigstens, wenn auch nur kurz, einen eigenhändigen Gruß zu senden, damit Sie doch nicht denken, ich hätte Sie vergessen. Heute Mittag sind wir mit Gottes gnädiger Hilfe glücklich und wohlbehalten in Capstadt angelangt. Wir haben viel Grund dem Herrn recht dankbar zu sein, der uns so freundlich geführt und geleitet hat und uns behütet vor so manchem, was uns doch so leicht hätte treffen können. Obwohl ja auch mansche Tage kamen, welche uns nicht so behagten, so will ich doch keines Wegs darüber klagen, denn dieselben sind doch nicht heilsam und der treue Gott hat doch viel Gnade zu unserer Reise gegeben. Nur eines möchte ich Ihnen, als auch den Geschwistern nicht wünschen, daß Sie solche kleinen Dampfer benutzen, da ein großer Postdampfer doch die Reise in 14 – 16 Tagen macht und wir hingegen 3 und halb Wochen gebraucht haben, denn es ist doch nicht gerade angenehm, sich 8 bis 10 Tage länger schaukeln zu lassen. Bei den Mahlzeiten auf dem Schiff habe ich mich Ihrer, lieber Herr Inspektor oft erinnert, dann da konnte man stets das Verzehren von den Zwiebeln, welches Sie früher für mich bereit hatten, jetzt auf die Engländer beziehen, denn die aßen die Zwiebeln wirklich scheffelweise, nebst nach allen anderen schönen Gewürzen, wo Sie ja auch gerade kein Freund von sind. Bruder Weber von Stellenbosch holte uns am Schiff ab, ebenfalls noch einen jungen Mann, welchen Bruder Ritter gesandt hatte. Bruder Weber lud uns gleich ein, mit ihm nach Stellenbosch zu gehen, welches wir auch dankbar annahmen. Hierselbst wurden wir nun ach sehr herzlich empfangen; und auch heut Abend vom Posaunenchor begrüßt, welcher unsere Lieder recht gut spielte. Einstweilen bleibe ich noch bei den Geschwistern Weber. später werde ich dann zu den Geschwistern Eich gehen, denn denken Sie, ich muß hier in der Kolonie noch bis zur 15. August warten, dann erst fährt die Nautilus nach Angra-Pequena. Von meinem Fritz fand ich bei Herrn Ritter noch 2 Briefe vor; derselbe hatte die Aprilpost, wo ich ihn mitteilte, daß ich erst Juni reisen würde, nicht erhalten und somit hatte sich mein lieber Bräutigam schon einige Mal gefreut, wenn die Nautilus kam. So schrieb er auch in dem letzten Brief, daß er zum 10. Juni so die Nautilus wieder in Angra liege, dort sei, er hoffte dann sicher, daß ich dann käme. Die Sache ist nun sehr fatal, da doch die Junipost noch nicht für ihn eingetroffen war. Die diesjährige Conferenz soll doch auf unserer Station stattfinden. Viel lieber hätte ich erst nächstes Jahr bei uns die Conferenz, wo ich Sie dann als lieber Gast noch dabei sehen dürfte. Entschuldigen Sie sehr die schlechte Schrift und das wenige; hoffe dann mehr zu schreiben. Was machen denn Ihre lieben Kinder; bitte dieselben recht herzlich von mir zu grüßen, als auch die Bewohner der lieben Missionsschule und auch die liebe Familie Möller. Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich in treuer, dankbarer Liebe Ihre: Lydia Brandt.“