Bericht Friedrich Heinrichs an die Deputation vom 17. Januar 1894
Kapitän Josef Frederiks verstirbt und sein Sohn Paul Frederiks wird Kapitän der Bethanier. Lydia Brandt schwer erkrankt.
„Bethanien, 17. Jan. 1894
In dem Herrn geliebt Väter!
Schon ist wieder der erste halbe Monat von diesem Jahr vorbeigegangen. Möchte der barmherzige Gott und Heiland auch in der Zukunft stets Ihre Hülfe und Zuflucht sein, wie er uns in der Vergangenheit auch niemals verlassen hat. Die Freudigkeit an den recht schweren Werken allzeit wachsen lasse, zur Ehre und zum Preise unseres gelobten Königs Jesu Christi.
Im letzten Bericht vom Monat September schrieb ich Ihnen von der schweren Krankheit des Kapitäns Josef Frederiks. Es hat dem Herrn gefallen ihn am 20. October vorigen Jahres aus der Zeitlichkeit in die Ewigkeit abzuberufen. Sein zweiter Sohn, Paul Frederiks, wurde am 3. Dezember die Regentschaft übertragen und in der hiesigen Kirche zu seinem Amt feierlich gesalbt. Der Anfang seiner Regierung ist sicherlich kein leichter, denn die Wittkams waren kurz vorher auf !Kubug, westlich von unserer Nation gelegen, gewesen und hatten Herrn Hermann all seine großen Herden Wollschafe, Rinder, Pferde und anderes Gut fortgeraubt und gedachten nun auch noch sein gemietetes Haus hier auf unserer Station zu plündern und zu verbrennen. Diese Gewalttat wollte die hiesige Obrigkeit jedoch nicht zulassen und stellt von jener Zeit ab jede Nacht starke Wachen auf. Wunderbarerweise blieb der Wittkam am Kommen und nach und nach wurde er ein wenig ruhiger. In dieser Zeit hörte man, wie überall einzelne Personen unserer Gemeinde zu den Wittkam übergingen, jedenfalls nur, um die reiche Beute selber verzehren zu können. Nun sandte unser neu eingesetzte Kapitän ein Kommando aus unter Führung eines Richters und eines Ältesten, um die Überläufer zu fangen. Nach 3 Tagen kehrte der Richter mit dem größten Theil seiner Mannschaft wieder zurück und erzählte, daß er keine Möglichkeit gesehen, um weiter vorzudringen, weil die Abgefallenen bei den Wittkams und Letztere zu viele sind. Cornelius Frederiks wurde entsetzt über die Richterausführung des Befehls vom Kapitän, zog aber mit wenigen Zurückgebliebenen weiter bis er die Überläufer in seiner Gewalt hatte. Nun drang die Nachricht von unserem Ältesten zu uns, daß wenn Kapitän Paul Frederiks solchen Ungehorsam nicht bestrafe, könne er nicht länger sein Unterthan sein. Dies erzürnte den hiesigen Kapitän so sehr, daß er beschloß, ihn hier auf der Nation zu erschießen, falls Cornelius sein Wort nicht zurückziehe. Ich gab mir alsdann die größte Mühe, um zwischen Beiden wieder Frieden zu machen. In den stattgefundene Friedensverhandlungen sagte Cornelius Ferderiks, daß sein Hass gegen die hiesige Regierung nicht allein die Nichtbestrafung des Ungehorsams gegen den Kapitän sei; sondern daß Letzterer auch die schändliche Trinkerei auf der Nation zu lasse. Kurz vor Weihnachten hatte nämlich ein weißer Händler allerlei Spirituosen hierher gebracht und die Herrn Richter hatten nichts eiligeres zu thun, als das Getränk zu kaufen. Die Folgen davon waren, daß sie mehrere Tage betrunken waren. <ich sandte einige Ältesten zu ihm mit der Bitte, solch ein Verderben bringendes Trinken in Zukunft zu unterlassen und möchte mit einem besseren Vorbild der Gemeinde voran gehen. Die Ältesten wurden aber ganz kalt entlassen und dieses kränkte den Cornelius Frederiks sehr. Kapitän Paul Frederiks würde solch ein schlechtes Betragen auch wohl bestraft haben, wenn er nur mehr Energie hätte und nicht noch am Anfang seiner Regierung stünde, denn er ist kein Trinker und hat Gottes Wort lieb. Mein Ältester Cornelius ist aber stets mit ganzer Kraft allem Bösen und insonderheit dem verderblichen Trinken entgegen getreten und sagte in den gemeinsamen Sitzungen, daß er auf einem Platze, wo solche Schandtaten geduldet würden, nicht länger wohnen könne. Kurz und gut, es kam so weit, daß es nicht zum Kampf aufbrach und und hofften, es würde Friede sein. Es war aber nur ein Scheinfriede, denn wie wir nachher hörten, hatte Cornelius einen Hass gegen den Kapitän nach wie vorher, und soll stets nach der Kapitänsschaft getrachtet haben. Ich zu meinem Teil hätte ihn auch gerne als das regierende Haupt von unserer Gemeinde begrüßt, weil dann jedenfalls mehr Ordnung hier wäre und das Wohl der Gemeinde behütend mehr befördert würde. tief betrübt es mich, daß ich wahrscheinlich eine sehr große Hülfe in ihm verloren habe..
Am Tage nach den Friedensverhandlungen zog Cornelius Frederiks mit einem großen Anhang wider unser Erwarten von hier fort draußen ins Feld. Und schon nach wenigen Tagen erfuhren wir, daß er sich von seinem Anhang als Kapitän hatte ausrufen lassen. Als solcher kam er am 12. dieses Monats bis in die Nähe unserer Nation und wollte nun selber die Obrigkeit für ihre Schandtaten strafen. allein Kapitän Paul Frederiks ließ ihn nicht auf die Nation kommen, sondern ließ alle Wege nach hier stark besetzen. So währte es bis 2 Stunden vor Sonnenuntergang, wo alsdann der hiesige Kapitän Befehl zum Schießen gab.. Es war ein starkes Gefecht und endigte erst in tiefer Dunkelheit. Cornelius mit ungefähr 50 Mann hatte verloren und der Kapitän mit weit über 100 Personen gewonnen. Am anderen Morgen früh sandte der Kapitän zum Schlachtfeld und ließ 4 Totes vom Cornelius holen, um sie hier zu beerdigen. Außerdem sollen noch einige tot, die meisten aber verwundet sein. Mehrere Personen, welche unser Kapitän gefangen hatte, laufen jetzt hier in Ketten. Viele Pferde und Rinder hat Cornelius ebenfalls verloren. Auf Seite des Kapitäns Paul Frederiks sind nur 3 Personen verwundet worden, wovon einer ein Bruder des Kapitäs gestern gestorben ist. Friede wird es nun aber keineswegs bleiben, denn wie wir hören hat Cornelius Frederiks leider Hendrik Witbooi (seinen Schwiegervater) zu Hülfe gerufen, und so werden wir wohl einen noch größeren Kampf zu erwarten haben.
Man sieht wie der Fürst der Finsternis allezeit bemüht ist, um Unfrieden und Zersplitterung die die hiesige Gemeinde zu bringen, damit unser Heilandes Reich dem der Vater den Platz einräumt, und er Macht habe, die unsterblichen Seelen nicht unglücklich zu machen. Denken Sie geehrte Väter unserer Gemeinde darum ganz besonders in dieser betrübten Zeit.
Die noch ausstehenden 60 Pfund Schulden der beiden Zinkdächer heriselbst, wowon ich Ihnen seiner Zet mitteilte, sind im alten Jahr noch bezahlt worden.
Am Schluß möchte ich Ihnen noch mitteilen, daß von Beginn des Dezember Monats ab meine liebe Frau sehr schwer krank war, und ist auch jetzt noch nicht ganz genesen, doch wollen wir hoffen, daß der himmlische Arzt ihr recht bald die volle Gesundheit wieder schenken möchte.
Mit der Bitte auch unser fürbittend zu gedenken verbleibe ich freundlichst grüßend Ihr getreuer Sendbote F. Heinrichs.“