Bericht Friedrich Heinrichs 28.11.1904

Bericht Friedrich Heinrichs an die Deputation vom 28.11.1904 – Der Rest der Gemeinde hat sich nicht den Rebellen angeschlossen; Kapitän Paul Frederiks mit seinen Anhängern unterstützt weiter die Schutztruppe; Hendrik Witbooi und Cornelius Frederiks drohen mit blutiger Rache; die Militärstation Bethanien wird verstärkt.

„Bethanien, den 28. November 1904
In dem Herrn geliebte Väter!
Obwohl ich erst vor 3 Wochen meinen Bericht absandte, so möchte ich doch jetzt wieder eine kleine Mitteilung von hier machen, damit sie sehen, dass uns in dieser Kriegszeit noch kein Schaden angetan ist und auch der Rest dieser Gemeinde den Rebellen sich nicht angeschlossen hat.
Als ich meinen letzten Bericht absandte, da waren die Rebellen wieder ganz in der Nähe, jedenfalls um den hiesigen Kapitän mit seinem Anhang abermals zum Aufruhr gegen die Weissen und besonders gegen unsre deutsche Regierung aufzufordern und dann auch wieder Vieh zu stehlen. Ersteres ist ihnen Gott Lob und Dank bis jetzt nicht gelungen. Kapitän Paul Fredriks bleibt nach wie vor mit seinem Anhang der deutschen Regierung treu und vom Grossvieh werden bis jetzt zwischen 40 und 60 Stück vermisst. Viel haben sie aber noch nicht erbeuten können von der grossen Menge, die gegenwärtig hier ist. Eine stärkere Truppenmacht zog aus und verfolgte die unruhigen Geister bis zum Zuurberg, etwa 5 bis 6 Reitstunden von hier. Der Feind aber zeigte wie hier immer so auch diesmal seine Feigheit in der Flucht. (Die Truppe traf bei Zuurberg noch einige Pontoks von ihnen vor, bei welchen noch einige Töpfe voll mit Fleisch standen und Kleider, Teller sc wild durcheinander lagen. Alles hat die Truppe verbrannt.)
Von den Bastards hörte ich bis jetzt mündlich, dass sie sich den aufständischen Bethaniern nicht angeschlossen hätten, sondern hätten sich auf dem hohen Berg //Aruab verschanzt und sollen dort den Feind bis her haben fern halten können. Hoffentlich beruht diese mündliche Nachricht auf Richtigkeit. Möchte der Herr sie dann beschirmen in aller Not, bis von hier aus ihnen Hülfe kommt.
(Nachträglich habe ich bemerkt, dass ich in meinem letzten Bericht die Zahl der in Monat August neu hinzugezogenen Bastards (die früheren Grootfonteiner) leider vergessen habe anzugeben. Deshalb gebe ich sie hier an, nämlich: 39 Personen. Einzelne sind von den früheren Grootfonteinern noch auf Rehoboth zurück geblieben. Ausser den 39 Personen wohnen noch 23 andere Bastards, die früher auch zu der Grootfonteiner Filialgemeinde gehörten, bei //Aruab, welche nicht nach Windhuk abgeführt wurden, da sie in jenem Grootfonteiner Aufstand nicht verwickelt waren.)
Von meinen Konfirmanden und Taufkandidaten sind keine bei den Rebellen. Trotzdem habe ich in der unruhigen Zeit keinen Unterricht erteilen können, möchte aber heute mit den wenigen Schülern, die hier am Platze sind, wieder beginnen. Die meisten männlichen Schüler werden in dieser Zeit zu Botendienst verwandt für unsre Polizeistation und auch für die neuen Truppen hier und auf dem Baiwege. – In der Schule werden noch immer zwischen 50 und 60 Kinder unterrichtet. (Einige Bastard Kinder von Weissen besuchen die Schule, andere wollen nicht, weil deren Väter ihre Kinder besonders unterrichtet haben wollen. Dafür hatte ich aber bis jetzt leider keine Zeit. In der Privatschule wollen sie ihre Kinder nicht senden, weil dort nur im Englischen unterrichtet wird.)
Seit dem 16. dieses Monats wohnen wir wieder ganz in unserm Missionshause. Der Kapitän Paul Fredriks mit seinen Leuten sind darüber sehr froh, weil sie unsre Flucht auf die Polizeistation als eine Schmach ansahen, die nur die eingeborene Gemeinde treffe. Wir wären auch schon gerne früher wieder hierher gezogen, aber wir durften nicht. Herr Oberleutn. Wasserfall wollte uns auch am 16. November noch nicht ziehen lassen, aber wir konnten nicht gut länger bleiben, weil unsre Kinder krank wurden. Auf unsre Verantwortung mussten wir ziehen, weil Herr Oberleutnant unser Haus nicht beschützen konnte, da es zu fern von der Polizeistation gelegen ist. Bis jetzt ist ja auch nichts Böses geschehen, und hoffen es auch in Zukunft nicht. Zudem erwarten wir heute oder Morgen wieder neue Truppen und dann soll am 2. Dezember von hier der erste grössere Abmarsch stattfinden, um den Feind aufzusuchen und anzugreifen. Hier soll die Operations-Basis sein für die nächste Zeit. Wie gesagt wird soll die hiesige Schule zum Lazarett eingerichtet werden. Ein Arzt haben wir schon seit einigen Wochen hier, der sich auch schon der kranken Eingeborenen am Platze sehr angenommen hat, und der auch unsre Kinder behandelt. (Wie dieser mir mitteilte, soll von Lüderitzbucht jetzt eine Feldbahn bis !Kubub gebaut werden, bis Guibis kommen Telegraphenlinie, die von Guibis bis hier und Keetmanshoop Heliographenverbindung haben soll.)
Zum Schluss möchte ich noch eine Mitteilung von unserm hiesigen Kapitän Paul Fredriks mitteilen. Derselbe sagte mir und auch Herrn Oberleutnant Wasserfall, dass in Monat Februar der erste und in Monat Mai dieses Jahres der zweite falsche Prophet aus der Cape-Colony gekommen sei, und zwar seien beide zum Hendrik Witbooi auf Gibeon gegangen. Beide könnten nur Holländisch und Englisch reden. Der erste falsche Prophet sei aus Port-Elisabeth. Diese hätten dem Hendrik Witbooi prophezeit, dass jetzt die Erlösungsstunde für ihn und sein Volk gekommen sei, deshalb solle er alle Weisse im Lande töten. In Witboois Hand sollen sie gelesen haben: „Der Sieg wird ganz bestimmt deiner sein!“ Eine solche herrliche Botschaft wird dem Hendrik Witbooi ja gepasst haben und seinen alten Kopf noch mehr verrückt gemacht haben. Aber ist das nicht auch ausserdem noch eine ganz verdächtige Erscheinung? Denn weil die beiden falschen Propheten gerade aus der Cape-Colony sind, so liegt die Annahme doch wohl sehr nahe, dass hinter diesem allgemeinen Aufstand im Schutzgebiet vielleicht die Cape-Colony steckt.
Was wird der gegenwärtige Aufstand wohl für ein Ende nehmen, und wo werden unsre kleinen Gemeinden in Zukunft ihre Wohnstätte haben? Diese Fragen beschäftigen uns jetzt sehr. Denn wie man sagt, sollen die Aufständischen im Lande alle, welche im Kriege nicht fallen, erhängt werden. Was bleibt dann noch von Eingeborenen übrig? Und die Protektion wird nach dem Kriege ohne Zweifel in Annektion übergehen.
Am 26. September habe ich aus der hiesigen Gemeindekasse M. 77,75 bezahlt für die Abmessungskosten und der Flurkarte von dem hiesigen Missionsgrundstück. Die Flurkarte ist von der Kaiserlichen-Landesvermessung in Windhuk und zeigt:
A: Parz. No. 1= 34a 05qm, auf welchem die neue Kirche steht und
B: Parz. No. 2= 1ha 06a 97qm, auf welchen die Missionshäuser, der Garten und die Schule liegen. Es erübrigt sich nur noch, dass das Grundstück ins Grundbuch eingetragen wird. Ich habe Br. Hegner auch davon Mitteilung gemacht und gefragt, was weiter geschehen soll.
Augenblicklich lasse ich hier beim Garten bohren, (da gerade eine Regierungsbohrmaschine hier am Platze arbeitet), um mehr Wasser für den Garten zu bekommen, da derselbe in den warmen Monaten stets leiden muss, besonders aber in dieser Zeit, wo fast alles Wasser für Gross- und Kleinvieh verbraucht wird. Unser eigenes Trinkwasser haben wir jetzt auch, das bietet uns der neue Brunnen mit Becherpumpe schon fast ein Jahr lang und derselbe befindet sich gerade neben der Küche. Er hat sehr gutes Trinkwasser, das zu bekommen war uns bisher nicht gut möglich.
Mit freundlichem Gruss ergebenst Ihr Sendbote F. Heinrichs.“