Bericht Friedrich Heinrichs 20.02.1906

Bericht Friedrich Heinrichs an die Deputation vom 20.02.1906

Bethanien, den 20. Febr.1906
In dem Herrn geliebte Väter!
Heute ist leider hier unter den Weissen grosse Missstimmung, denn die letzt eingelaufene Nachricht besagt uns, dass Cornelius Fredriks mit über 100 gut bewaffneten Männern wieder abgezogen sei und nicht Frieden machen wolle. In den letzten Tagen liefen hier nämlich öfters Meldungen ein, dass Cornelius Fredriks sich mit seinem Anhang bei Berseba stellen wolle. Gestern noch telegraphierte Kapitän Christian Goliath von Berseba: „bin mit Cornel. Fredriks und seinen Leuten im Anmarsch und werde Morgen eintreffen.“Wir waren alle froh über dies Botschaft. Heute heisst es leider: nur einige Brüder des Cornelius mit Anhang und eine grössere Anzahl Frauen und Kinder, die dem Cornelius vielleicht doch nur hinderlich seien auf seinen Raubzügen, hätten sich gestellt. Vor 1 ½ Woche wurde hier bei Braakwater noch eine Anzahl Rinder geraubt. Dieses traurige Geschäft findet jetzt vielleicht wieder seine Fortsetzung. Möchte es doch bald Friede werden.
Am Sonntag Septuagesimae feierten wir mit der eingeborenen Gemeinde das hl. Abendmahl, an welchem sich 67 Personen beteiligten. Verschiedene Gemeindeglieder konnte nicht teil nehmen, weil sie im Dienst der Etappe auf Aussenposten und Reisen sind. Sehr bedauerten wir, dass auch die im November hier gefangen genommenen Gemeindeglieder am hl. Abendmahl nicht teil nehmen konnte, weil sie auf Aussenstationen verteilt sind, obwohl mancher sehr verlangend nach demselben ist. Die erwähnte kleine Zahl Abendmahlgäste brachten nach der Feier ein Dankopfer von M. 39,81.
Mit dem Konfirmanden- und Taufunterricht werde ich, will’s Gott, in nächster Zeit wieder beginnen, sobald die Anmeldung zu diesem Unterricht abgeschlossen ist.
Wie lange ich mit dem Schulunterricht noch warten muss, weiss ich augenblicklich nicht, weil erstens die grösseren Kinder alle als Laufjungen von der Besatzung und die grösseren Mädchen als Wäscherinnen angenommen sind und die übrigen Kinder sind meistens noch zu klein. Die meisten Schulkinder sind mit ihren Eltern auf die Aussenstationen der Etappe gezogen und müssen dort Gras für Truppenpferde sammeln. Einige Schulkinder von hier sind mit ihren Eltern auf Berseba und Keetmanshoop und besuchen die dortigen Schulen.
Von der bethanischen Gesellschaftsheerde, die bis vor Kurzem von dem Farmer F. Bassingthwaighte verwaltet wurde, sind auf Rat des Br. Fenchels hin sämtliche Ziegen, 348 Stück, der gegenwärtigen unsicheren Verhältnisse wegen in Keetmanshoop verkauft worden, wofür der schöne Erlös von M. 5473,00 erziehlt wurde. Diese Summe wird Br. Fenchel der geehrten Gesellschaft überweisen. Diese Gesellschaftsheerde brachte pro 1905 durch Verkauf von Schlachtvieh und alten Tieren den Betrag von M. 1164,00. Diese Summe mit M. 500,00 Kollekte und Stollgebühren von hier sandte Br. Fenchel Ende Dezember 1905 nach Barmen. Der Rest oben genannter Heerde zählt noch: 21 Rinder, 44 Schafe und 6 Lämmer.
Da Br. Fenchel mir den Rest gab für die Rheinische-Missions-Gesellschaft doch 2 ha Gartenland hierselbst zu kaufen, so habe ich eine Eingabe gemacht und lege eine Abschrift davon bei, hoffend auf Ihre Zustimmung. Mein Gewissen ist allerdings über diesen Schritt etwas unruhig geworden, weil ich nicht Ihre Zustimmung erst abgewartet habe. Aber da mich unser Herr Distriktschef und auch Br. Fenchel baten, eine Eingabe über das gewünschte Gartenland recht bald zu machen, weil sonst das beste Land bald hier auf der Station vergeben sein könnte, so glaubte ich es wagen zu dürfen eine Eingabe über Erwerbung von 2 ha Gartenland schon vor Eintreffen Ihrer Zustimmung einzureichen.
Möchte aus dem Plan einer Ackerbauschule und wenn dieselbe zu einer Gewerbeschule später erweitert werden soll auch aus dieser etwas zum Wohle unsres verarmten Nama- Bastard- und Damravolkes werden und möchte unser Wunsch, durch Errichtung einer solchen Arbeitsschule eine Grundlage zu einem reelleren Christentum unter den Eingeborenen zu schaffen doch auch in Erfüllung gehen.
Mit herzlichem Gruss Ihr ergebener Sendbote
F. Heinrichs

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HARI
Enkel des Missionars Friedrich Heinrichs