Bericht von Friedrich Heinrichs an Inspektor Schreiber vom 14. Januar 1895
Friedrich Heinrichs wirft Leutnant von Ziethen Unzucht vor und
versucht, den Verkauf von Branntwein verbieten zu lassen
Bethanien, den 14. Januar 1895
Lieber Herr Inspektor Dr. A. Schreiber!
Herzlichen Dank für Ihren Brief vom November 1894, und besonders für die Grüße an meine liebe Frau und mich. Daß Sie aus Versehen meinen Brief an Ihren Herrn Sohn Pastor A. Schreiber gelesen haben ist keineswegs übel, sondern freue mich, daß auch Sie wissen wie die Verhältnisse zwischen unserer Gemeinde und den hiesigen Deutschen stehen. Ich habe Bruder Hegner alles mitgeteilt und teile ihm auch in Zukunft alles mit, was sich noch fortwährend zuträgt.
Sie fragen, ob ich den den hiesigen Nationschef Herrn Leutnant von Ziethen auch stets mit Freundlichkeit entgegen gekommen wäre? Wie es unser Bestreben ist mit allen Menschen Frieden zu halten, so war es auch unser Wunsch, mit dem hiesigen Nationschef stets freundschaftlich zu verkehren. Solange der hiesige Händler mit seiner Kantine und die Unzucht fern blieben, war unser Verkehr auch allezeit ein friedvolles. Leider zeigt sich aber dann das Elend der Trinkerei, und nicht selten entstanden Streitigkeiten in der Gemeinde, oder Frauen kamen zu mir und klagten, wie ihr wenig Vieh für Branntwein verkauft würde. Das Bitten sogar der Ältesten und mein Ersuchen, an Eingeborene keinen Erlaubnisschein für geistige Getränke geben zu wollen, half erst dann etwas, als wir Herrn Bezirkshauptmann Duft um Einschränkung baten. Dieser gab dann das Gebot der Sonntagsruhe.
Aber gleich zu Beginn der Trinkerei war ein ganz unangenehmes Gespräch in unserer Gemeinde. Es betraf Herrn Leutnant von Ziethen und Sabina Zwart, ein Bastard-Gemeindemitglied, eine Tochter vom Kapitän Klaas Zwart. Ihr Zusammenleben gab allgemein Anstoß. Eingeborene sowohl wie Weiße redeten viel über Unsittlichkeit zwischen den beiden erwähnten Personen. Unter solchen Umständen konnte ich Sabina Zwart zum heiligen Abendmahl nicht zulassen und bat ihre Mutter (Vater war draußen beim Vieh), daß sie doch eine Zeitlang mit ihrer Tochter ins Feld zu ihrem Viehgatter ziehen möchte, vielleicht würde dann das Gespräch wieder zu Wasser werden. Trotz der vielen Redereien glaubte ich an der Unsittlichkeit von dem hiesigen Nationschef nicht, weil Sabina Zwart Köchin bei Herrn Leutnant von Ziethen war, und sagte zu den Leuten, daß sie in ihrem Erzählen vorsichtig sein müßten. Inzwischen hatte Leutnant von Ziethen schon vernommen, daß ich mit der alten Mutter gesprochen und wurde nun sehr grob mit mir und suchte irgendwo mir eine Falle zu stellen. (Er hat damals gleich schriftlich Abbitte gebeten). Dem Herrn sei Dank, daß er bis heute keinen fand. Dagegen konnten meine Frau und ich wieder eine Freundlichkeit zeigen. Es wurde in jener Zeit ein Unteroffizier bedenklich krank, und er fühlte sich in der Kaserne nicht wohl, infolgedessen kam er dann, wenn er es eben konnte, zu uns und bat uns, ob er in unserem Garten sein könne, weil er gerne kühle, frische Luft haben möchte. Darauf bat ich Herrn Leutnant von Ziethen schriftlich, ob wir den Unteroffizier ganz in unsere Pflege aufnehmen dürften. Er gab die Erlaubnis und so hatten wir den Patienten über 14 Tage in unserem Hause wohnen. Nach dieser Zeit konnte er seinen Posten allmählich wieder versehen. Herr Leutnant von Ziethen erkannte diese Freundlichkeit. Es sollte aber nicht lange währen, was abermals gegen uns der Haß entbrennen sollte. Eine junge Frau, die schon vor mehreren Jahren von ihren Mann geschieden ist, kam mit der Mutter zu mir und bekannte offen, daß sie vom hiesigen Nationschef verführt worden sei. So schwer es mir auch wurde, so haben wir dennoch keine andere Möglichkeit, als das in Sünde gefallene Gemeindemitglied auszuschließen. Freilich wurde der Haß nun groß, nicht allein gegen mich, sondern auch gegen die Ältesten. Gleichzeitig mußten wir auch eine Person ausschließen, die von einem Soldaten verführt worden war. Die Großen (hiesige Obrigkeit) sagten zu mir: warum werden die Soldaten und Herr Leutnant von Ziethen nicht bestraft für Hurerei? Ich gab ihnen die Antwort, daß es traurig genug sei, wir hätten aber kein Recht, ihnen für die Sünde irgend eine Strafe aufzuerlegen. Aber hierdurch würden auch ihre Sünden nicht ungestraft bleiben, weil außer den Menschen noch ein allgegenwärtiger und heiliger Gott sei. Er würde noch viel ernster strafen wie die Menschen.
Aus dem Erwähnten können Sie entnehmen, daß ich nichts weiter als meine Pflicht gethan habe und wo ich nur konnte bin ich Herrn Leutnant von Ziethen freundlich entgegen gekommen.Augenblicklich liegt eine unerquickliche Sache zwischen der Gemeinde und dem hiesigen Händler vor. Die Gemeinde wollte von Anfang lieber einen anderen Händler hier auf der Nation haben, der keine geistigen Getränke verkaufen würde. Herr Leutnant von Ziethen wies ihre Bitte zurück und ließ den gegenwärtigen, Krabbenhöfter ist sein Mann, dennoch kommen. Inzwischen hat es jener Händlier so weit gebracht. daß er einen Kontrakt mit der hiesigen Obrigkeit gemacht hat, worin ihm ein Stück Land von 200 Meter im Quadrat gegeben ist und er fest denselben vor Abmachung des Preises in einem guten Moment (das heißt, er die Obrigkeit von ihn halb betrunken gemacht worden war) unterschreiben lassen. Nun behauptete er Anfangs, daß ihm das Stück Land geschenkt sei. Als er aber sah, daß er mit seiner Meinung auch in Keetmanshoop nicht durchdrang, so war er dann bereit, eine gewisse Summe zu geben. Sie einigten sich auf 60 Pfund. Nach Feststellung des Preises kamen alle zu mir und ich sollte meinen Namen als Zeuge unterschreiben. Ich las den Kontrakt und sagte den Anwesenden, daß dieses Schriftstück mit dem alten Kontrakt nicht übereinstimme und wirklich so war es auch. Der Händler hatte schnell ein neues Schriftstück aufgestellt, wo es hieß „vom Hause aus nach zwei Seiten hin a) 120 meter und vom Haus aus nach den anderen zwei Seiten hin a) 280 meter.“ So kam er also ein Stück Land heraus von 400 meter im Quadrat, wo es eigentlich nur 200 meter im Quadrat sein durften. Ich sah es für meine Pflicht an, den Eingeborenen darüber Aufklärung zu geben. Nachdem diese den betrug erkannten, verweigerten sie ihre Unterschrift unter dieses neue Schriftstück zu setzen und sagten dann zu mir, „nun verstehen wir auch warum der Händler uns fortwähren bittet, daß wir den alten Kontrakt verbrennen möchten, um einen neuen aufzustellen. Bruder Wandres schreib kürzlich: „wenn Krabbenhöfte was verdienen kann, so thut ers und wenn es seine Seele kostet.“ Hier redet man oft, daß er hier unerwünscht sei, wie ein Jude. Dieses letzte habe ich nur zu Charakterisierung des Händlers geschrieben.
Augenblicklich liegt eine unerquickliche Sache zwischen der Gemeinde und dem hiesigen Händler vor. Die Gemeinde wollte von Anfang lieber einen anderen Händler hier auaf der Nation haben, der keine geistigen Getränke verkaufen würde. Herr Leutant von Ziethen wiß ihre Bitte zurück und ließ den gegenwärtigen, Krabbenhöfter ist sein Mann, dennoch kommen. Inzwischen hat es jener Händlier so weit gebracht. daß er einen Kontrakt mit der hiesigen Obrigkeit gemacht habe, worin ihm ein Stück Land von 200 Meter im Quadrat gegeben ist und er fest denselben vor Abmachung des Preises in einem guten Moment (das heißt, er die Obrigkeit von ihn halb betrunken gemacht worden war) unterschreiben lassen. Nun behauptete er Anfangs, daß ihm das Stück Land geschenkt sei. Als er aber sah, daß er mit seiner Meinung auch in Keetmanshoop nicht durchdrang, so war er dan n bereit, eine gewisse Summe zu geben. Sie einigten sich auf 60 Pfund. Nach Feststellung des Preises kamen alle zu mir und ich sollte meinen Namen als Zeuge unterschreiben. Ich las den Kontrakt und sagte den Anwesenden, daß dieses Schriftstück mit dem alten Kontrakt nicht übereinstimme und wirklich so war es auch. Der Händler hatte schnell ein neues Schriftstück aufgestellt, wo es hieß „vom Hause aus nach zwei Seiten hin a) 120 meter und vom Haus aus nach den anderen zwei Seiten hin a) 280 meter.“ So kam er also ein Stück Land heraus von 400 meter im Quadrat, wo es eigentlich nur 200 meter im Quadrat sein durften. Ich sah es für meine Pflicht an, den Eingeborenen darüber Aufklärung zu geben. Nachdem diese den betrug erkannten, verweigerten sie ihre Unterschrift unter dieses neue Schriftstück zu setzen und sagten dann zu mir, „nun verstehen wir auch warum der Händler uns fortwähren bittet, daß wir den alten Kontrakt verbrennen möchten, um einen neuen aufzustellen. Bruder Wandres schreib kürzlich: „wenn Krabbenhöfte was verdienen kann, so thut ers und wenn es seine Seele kostet.“ Hier redet man oft, daß er hier unerwünscht sei, wie ein Jude. Dieses letzte habe ich nur zu Charakterisierung des Händlers geschrieben.
Weil ich in blinder Weise meinen Namen als Zeuge nicht unterschreiben wollte, sondern den Eingeborenen deutlich zu machen suchte, so ist aufs Neue Haß entstanden und zwar von Beiden, Stationsschef und Händler, weil beide sehr gute Freunde sind.
Vielleicht wird man demnächst on Keetmanshoop schreiben, daß ich mich in politischen Sachen nicht einzumischen habe. Wie sie aber sehen, habe ich erst dann etwas gesagt, wo ich verantwortlich gemacht werden sollte für das, was auf dem Schriftstück geschrieben stand.
Diese Sache teile ich Bruder Hegner mit dieser Post auch mit.
Wie es scheint wollen die Ermahnungen gegen Trinkerei doch etwas wirken. Diejenigen welche ich wegen dieser Vergehen wegen vom heiligen Abendmahl zurückgesetzt hatte, sind teilweise schon deshalb bei mir gewesen und baten um Vergebung. Zuerst kamen sie, wo gerade keine Getränke zu haben waren. Da war es leicht zu sagen: „Ich will mich bessern!“, Ich ließ sie darum warten. Doch wo ich nun sehe, daß sie es wirklich aufrichtig meinen, auch keine Spirituosen zu kaufen, wo danach viel feilgeboten wird, konnte ihnen die Freiheit zum heiligen Abendmahl wieder gewährt werden.
Außerdem liegt eine von der Gemeinde unterzeichnete Bittschrift vor mir, in der sie die deutsche Regierung bittet, den Verkauf geistiger Getränke an unserer Gemeinde zu verbieten. Diese Petition soll Herrn Major Leutwein vorgelegt worden, sobald er hier ankommt. Wäre die freie Überwindung eines Trinkers auch viel besser, so wollen wir abermals Gott danken, daß es wenigstens so weit gekommen ist und die hiesige Obrigkeit erkennt, was für Elend der Branntwein anrichtet.
Zum Schluß möchte ich Sie freundlichst ersuchen, das Geld, was in Schwelm für eine Pumpe und Zubehör durch Herrn Pastor Platzhoff gesammelt wird, für den hiesigen Zweck bewilligen zu wollen, resp. von der geehrten Deputation die Erlaubnis zu bewirken. Einen Brunnen haben wir schon gegraben und ziemlich klares Naß schon bei 8 Fuß tief gefunden, werden aber noch tiefer graben. Dieser Brunnen soll dann für ein neues Stück Gartenland sein.
Uns geht es Gott sei Dank recht gut. Lydia läßt Sie und insbesondere Ihre Familie herzlich grüßen, welchen ich mich auch anschließe. In Liebe Ihr dankbarer Schüler F. Heinrichs.“