04.07.1904 Bericht Friedrich Heinrichs

Bethanien den 4. Juli 1904
In dem Herrn geliebte Väter!
Das letzte Quartal ist für meine Gemeinde nicht gerade ruhig verlaufen. Erstens waren es vielerlei böse Gerüchte von Abschaffung der Kapitänsschaft, Entwaffnung der Eingeborenen und Annexion ihres Landes, welche sie in Aufregung versetzten. Aber der hiesige Kapitän trat diesen gefährlichen Gesprächen meist entgegen, indem er seinen Leuten sagte, dass sie den Lügen nicht glauben sollten.
Vorige Woche kam Herr Bezirksamtmann v. Burgsdorff von Gibeon, ehe er nach Lüderitzbucht weiterreiste, auch hier zum Kapitän und sprach selbst mit ihm über obige böse Schwätzereien und bat ihn denselben keinen Glauben zu schenken. Gerade in der letzten Zeit hat doch der hiesige Stamm, wie auch andere Stämme hier im Süden bewiesen, dass er unserer deutschen Regierung hilft, wo es gewünscht wird. So hat er z. B. im Warmbader Aufstand treue Dienste gethan, darnach hat der hiesige Kapitän wieder 40 Personen nach Windhoek gesandt, die der Regierung dort selbst, wo es nötig ist, helfen sollen. Es scheint aber, dass immer einzelne Weisse gerade darin Wohlgefallen finden um im Dunkeln zu wühlen mit ihren unvorsichtigen Reden.
Ferner hat der Fürst der Finsternis uns in den letzten Wochen viel Unruhe und Traurigkeit bereitet, dass er 4 Gemeindeglieder zu Fall gebracht hat. Unter diesen 4 Personen ist auch leider wieder der hiesige Schulmeister Nicodemus Davids. Sie können sich denken wie dieser Fall deprimierend auf mein Gemüt gewirkt hat und noch wirkt. Auch die Gemeinde ist sehr betrübt über diesen Fall. Es ist dieselbe Person, mit welcher er vor einigen Jahren zu thun hatte, die aber ihre damalige Schuld bis heute leugnet. Wie schwer hält es doch aus unserem Volke treue Mitarbeiter zu gewinnen, welche aus aufrichtiger Liebe zum Herrn ihren Beruf erfüllen und dem Teufel in allen Versuchungen widerstehen. Dass er seitdem sein Fall offenbar wurde, nicht mehr Schule hält, ist ja selbstverständlich. Eine kleine Hülfe habe ich zwar noch in des Kapitäns Sohn, der früher eine Zeitlang in der unglücklichen Gehülfenschule auf Gibeon war, der aber, wie es scheint, niemals etwas Bedeutendes leisten wird, weil ihm dazu die Gaben fehlen.
Noch immer ist die Pockenkrankheit hier und draussen im Felde nicht gestorben. Diejenigen, welche von dieser Krankheit in der letzten Zeit heimgesucht wurden, bekamen die Wasserpocken viel bösartiger; die Pocken sind grösser und fast schwarz. Eine wunderbare Erscheinung ist es, dass bis jetzt keine weisse Personen pockenkrank wurden. Möchte auch diese Krankheit ein Mittel in Gottes Hand sein, um die Laune in der Gemeinde aufzuwecken aus ihrem Sündenschlaf und zu Christo führen, und die Treuen im Glauben an Christum stärken.
Noch nachträglich senden mehrere Weisse von hier und von den Aussenplätzen eine Jubiläuums Gabe von M. 500,00, woran sich von den Eingeborenen nur der hiesige Kapitän mit einer Gabe von M. 20,00 beteiligte. Mit herzlichem Segenswunsch an die Rheinische-Missions-Gesellschaft sind die Gaben von Einzelnen gezeichnet. Ich teile Ihnen dieses mit freudigem Herzen mit und sende die M. 500,00 mit dieser Post an unsren Kassierer Missionar Fenchel.
Von Ende dieser Woche ab werden wohl in verschiedenen Abteilungen die 450 bis 500 Soldaten von Lüderitzbucht kommen und 700 Pferde und 200 Maulesel. Das wird ein unruhiges Leben in den nächsten Wochen hier sein, weil sich alles erst hier sammeln und hier die Verteilung der neuen Mannschaft für die verschiedenen Stationen stattfinden soll. Wir sollen eine Einquartierung von 6 Offizieren haben. Der grösste Teil der ankommenden Truppen muss in dieser kalten Zeit unter freiem Himmel wohnen.
Hoffentlich ist die Geburtsanzeige von unserm Söhnchen, Friedrich, Johannes, Paul mit Namen, das der Herr uns am 14. Mai geschenkt hat, in Ihren Besitz gelangt. Ich teile es hier noch einmal mit, weil es in der letzten Zeit oft geschah, dass sogar eingeschriebene Briefe von hier aus verlorengegangen sein sollen, wie unser Herr Distriktchef mir vor einigen Tagen noch sagte.
Mit herzlichem Gruss Ihr ergebener Sendbote F. Heinrichs